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Wenn Preisdumping die Gesundheitsversorgung gefährdet

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  • 10.03.2017

Gesetzesentwurf gefährdet durch massive Eingriffe in bestehende Preisregularien die Versorgung der Patienten. Pharmawirtschaft zeigt sich einheitlich gesprächsbereit und lösungsorientiert.

Wien, 10. März 2017 – Der vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (BMGF) unter maßgeblichem Einfluss des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger eingebrachte Gesetzesentwurf zur Aufnahme von Arzneimitteln in den Erstattungskodex greift massiv negativ in den seit Jahren bestehenden Prozess der Preisfestsetzung und Erstattung ein. Die Pharmawirtschaft sieht durch das in mehreren Bereichen beabsichtigte restriktive Preisregime die Versorgung der österreichischen Patienten mit innovativen Arzneimitteln gefährdet. Denn unwirtschaftliche Preise könnten Unternehmen dazu zwingen, ihre Produkte vom Markt zu nehmen oder neue Arzneimittel erst mit starker zeitlicher Verzögerung in Österreich auf den Markt zu bringen.

„Die Pharmawirtschaft ist nicht bereit, einem Gesetzesentwurf zuzustimmen, der die Versorgungssicherheit der Patienten gefährden könnte“, betont Dr. Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig. Gemeinsam mit dem Fachverband der chemischen Industrie (FCIO), dem Bundesgremium des Handels mit Arzneimitteln, dem Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI), dem Österreichischen Generikaverband (OEGV) sowie dem Verband der Österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler (PHAGO) setzt sich die Pharmig für eine zukunftsträchtige Lösung im Sinne beider Systempartner ein – der Pharmawirtschaft auf der einen und der Sozialversicherung auf der anderen Seite. „Der nun vorliegende Entwurf atmet leider nicht diese partnerschaftliche Haltung, sondern bestraft eine leistungsfähige Industrie, die über 18.000 Arbeitsplätze stellt, die 9,7 Milliarden Euro an Wertschöpfung generiert und die allein für das Jahr 2016 die stattliche Summe von 125 Millionen Euro an Solidarbeiträgen als Unterstützung an die Krankenkassen überweist. Falsches Sparen bei Arzneimitteln ist ungesund, wir wollen eine erstklassige Medizin für alle“, sagt Huber.

Sämtliche Vertreter der Pharmawirtschaft sehen für die massiven Einschnitte, die der Entwurf vorsieht, keine wirtschaftliche Notwendigkeit. Dazu Mag. Sylvia Hofinger vom FCIO: „Die Nettoausgaben für Arzneimittel sind durch die Solidarbeiträge um mehr als 2 Prozent zurückgegangen und der Hauptverband hat dadurch im letzten Jahr einen Gebarungsüberschuss von voraussichtlich 81 Millionen verzeichnen können.“ Eine Studie des IPF zeige laut Hofinger außerdem, dass die Kosten der heimischen Arzneimittel pro Packung deutlich unter dem EU-15 Schnitt liegen, obwohl Österreich gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner das viertreichste Land der EU ist. „Weitere massive Preiseingriffe können dazu führen, dass neue Produkte für die österreichischen Patienten nicht mehr so rasch wie bisher zur Verfügung stehen und Österreich damit seinen Spitzenplatz bei der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln verliert“, erläutert Hofinger.

Gen. Kons. Dr. Johann Kwizda, Vorsitzender im Bundesgremium des Handels mit Arzneimitteln, kann die Kritik am Gesetzesentwurf nur bestätigen: „Für einen so massiven regulatorisch Eingriff fehlt schlicht jede Notwendigkeit.“ Die Krankenkassen weisen seit Jahren eine positive Gebarung auf und vermehren zudem beständig ihre Rücklagen. Allein im vergangenen Jahr wurden laut vorläufiger Gebarung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger 140 Millionen Euro dem Rücklagenkonto zugewiesen.

Vor diesem Hintergrund sagt FOPI-Präsident Dkfm. Manuel Reiberg: „Die gesamte Pharmawirtschaft ist sich ihrer Verantwortung bewusst, die hohe Qualität unseres Gesundheitswesens für die Zukunft abzusichern. Aber das kann uns nur mit- und nicht gegeneinander gelingen“. Reiberg vermisst im Gesetzesentwurf die Sorgfalt für die österreichischen Patienten und präzisiert: „Eine gute Lösung wird es nur dann sein, wenn die PatientInnen im Fokus stehen und der Zugang zu innovativen Therapien gewährleistet wird.“ Genau das sieht Reiberg aber gefährdet.

Dr. Wolfgang Andiel, Präsident des Österreichischen Generikaverbandes, weist in der Diskussion um die beabsichtigten gesetzlichen Regelungen auf einen besonders pikanten Aspekt hin: „Einerseits setzt sich die Bundesregierung, allen voran Bundeskanzler Christian Kern und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Österreich ein. Gleichzeitig aber gibt es, wie der Gesetzesentwurf zeigt, klare Tendenzen, eine für eben diesen Wirtschaftsstandort zentrale, wichtige Industrie, insbesondere auch die heimische Generikaindustrie, zu beschneiden. Wenn pharmazeutische Unternehmen den österreichischen Markt aufgrund solcher restriktiven Gesetze nicht mehr bedienen können, dann arbeitet man hier ganz klar gegen die Linie der Bundesregierung.

Der Großhandel ist von den im Gesetzesentwurf vorgesehenen Änderungen besonders betroffen. Dr. Andreas Windischbauer, Präsident des Verbandes der Arzneimittelvollgroßhändler PHAGO, erklärt warum: „Der steigende Einsatz von extrem preisgünstigen Generika reicht nicht mehr aus, die variablen Kosten im Arzneimittelvollgroßhandel abzudecken. Bereits jetzt liegt die Großhandelsspanne für die Hälfte aller Krankenkassen-Packungen unter den Porto-Kosten eines Standardbriefes (68 Cent). Wenn diese Entwicklung so weiter geht, können wir den Versorgungsauftrag als kritische Infrastruktur für Österreich nicht mehr aufrechterhalten.“

Die Verbände sind einheitlich an einer gemeinsamen und für alle Seiten lebbaren Lösung interessiert. „Wir hoffen, dass diese Haltung auch von den anderen Beteiligten mitgetragen wird, die diesen Gesetzesprozess mitverantworten“, fasst Dr. Jan Oliver Huber zusammen.

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