Die EU hat im Rahmen der Überarbeitung der Kommunalabwasserrichtlinie (91/271/EWG) (Urban Wastewater Treatment Directive) die flächendeckende Einrichtung einer 4. Klärstufe in der Abwasseraufbereitung beschlossen, wodurch Mikroverunreinigungen herausgefiltert werden sollen. Dies soll dazu beitragen, das Ziel einer schadstofffreien Umwelt bis zum Jahr 2050 zu erreichen.
Ohne die Notwendigkeit des Umweltschutzes in Frage zu stellen, zeigen wir hier auf, wo aus Sicht der pharmazeutischen Industrie unbedingter Verbesserungsbedarf bezüglich der Richtlinie besteht. Damit gewährleistet ist, dass Umweltschutzmaßnahmen auch wirklich durchführbar sind.
Grundsätzliches zur EU-Richtlinie
Bei der Frage, wer die Kosten für die Errichtung und den Betrieb der 4. Klärstufe zu tragen hat, zieht die EU das Verursacherprinzip heran. Damit sind alle Hersteller (= Erzeuger, Einführer oder Händler) von Produkten betroffen, die Stoffe enthalten, welche am Ende ihres Lebenszyklus als Mikroverunreinigungen in kommunalen Abwässern vorkommen und die von den Herstellern in einem EU-Mitgliedstaat in Verkehr gebracht werden (einschließlich im Wege des Fernabsatzes).
Im Falle der 4. Klärstufe sieht die EU vor, dass die Kosten zu mindestens 80% von den Herstellern von Humanarzneimitteln und Kosmetikprodukten getragen werden sollen (lesen Sie mehr zur damit zusammenhängenden erweiterten Herstellerverantwortung bzw. Extended Producer Responsibility EPR hier). Frühestens 2033 soll diese Liste allenfalls um weitere Produkte ergänzt werden.
Ausnahmen gibt es nur für Hersteller, die
- nur geringe Mengen der Mikroschadstoffe in der Union in Verkehr bringen (< 1 Tonne/Jahr), oder
- die nachweisen können, dass am Ende der Lebensdauer eines Produkts keine Mikroverunreinigungen anfallen oder diese Rückstände rasch biologisch abbaubar sind und nicht in die kommunalen Kläranlagen gelangen.
Der Ausbau und Betrieb der 4. Reinigungsstufe soll schrittweise ab 2033 umgesetzt werden, grundsätzlich betroffen sind Gebiete mit einer Abwasserlast ab 10.000 Einwohnenden. Bis 2027 soll die Organisation für die Herstellerverantwortung errichtet sein.
Warum Fairness bei der Kostenübernahme wichtig ist
Die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie bekennen sich zu dem Ziel, nachhaltig für die Umwelt und die Gesundheitssysteme zu arbeiten. Dazu gibt es zahlreiche Initiativen. Dabei ist es von grundlegender Bedeutung, dass jedwede neue Regularien, die dem Umweltschutz dienen sollen, ihre wirtschaftlichen – und im Falle der pharmazeutischen Industrie ihre versorgungsrelevanten – Auswirkungen mitbedacht werden.
Arzneimittelrückstände machen nur einen kleinen Teil der Mikroverunreinigungen aus, die durch eine verbesserte Abwasserbehandlung kontrolliert werden können. Die Richtlinie führt dazu, dass der Pharmasektor die Entfernung von Mikroverunreinigungen unterschiedlicher industrieller Herkunft finanzieren muss. Wir sind der Meinung, dass jeder Sektor, dessen Produkte Mikroverunreinigungen im kommunalen Abwasser verursacht, einen Beitrag leisten muss. Die Verantwortung liegt nicht nur bei der pharmazeutischen Industrie, die bereits Initiativen zur Bewertung und Verringerung der Umweltauswirkungen auf der Grundlage bewährter risikobasierter Methoden vorantreibt.