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Wirkstoffverschreibung klammert Patientennutzen aus

  • NEWS
  • 28.07.2020

Generika- und Pharmaverband sprechen sich gleichermaßen gegen eine Regelung aus, mit der nur noch Wirkstoffe und keine Medikamentennamen mehr verordnet werden sollen.

Wien, 28. Juli 2020 – Der Verband der pharmazeutischen Industrie, PHARMIG, sowie der Österreichische Generikaverband OeGV sehen keinen Vorteil in einer sogenannten Wirkstoffverschreibung oder auch Aut-Idem-Regelung, wie sie seit einiger Zeit thematisiert werden und heute auch von der Österreichischen Ärztekammer im Zuge einer Pressekonferenz deutlich abgelehnt wurden. „Würden Ärzte nur mehr Wirkstoffe und keine Medikamente mehr verschreiben, würde das nicht nur die Therapietreue auf Patientenseite gefährden, sondern die Versorgung mit Arzneimitteln insgesamt“, warnt PHARMIG-Generalsekretär Alexander Herzog. Auch Wolfgang Andiel, Präsident des OeGV, sieht keinen Vorteil in einer Wirkstoffverschreibung: „In Österreich ist die Preissituation bei Arzneimitteln aufgrund zahlreicher Regelungen bereits jetzt äußerst angespannt. Das würde sich noch weiter verschärfen, wenn die Entscheidung darüber, welches Arzneimittel der Patient erhalten soll, allein dem Diktat des niedrigsten Preises gehorcht. Einige Produkte könnten folglich gänzlich vom Markt verschwinden, weil sich ihr Vertrieb hierzulande nicht mehr lohnen würde. Die Wirkstoffverschreibung ist somit auch kein Instrument, um die negativen Folgen von Arzneimittel-Lieferengpässen abzufedern.“

Mit dem Begriff der Wirkstoffverschreibung ist gemeint, dass Ärzte keine Medikamente mit Namen mehr verordnen, sondern lediglich den Wirkstoff eines Arzneimittels auf dem Rezept vermerken sollen. Erst von der Apotheke wird dann die Entscheidung getroffen, welches Produkt dem Patienten ausgehändigt wird. Bzw. soll eine Aut-Idem-Regelung dem Apotheker das Recht geben, im Falle einer wirklichen oder angeblichen Nicht-Lieferfähigkeit ein vom Arzt verschriebenes Arzneimittel durch ein anderes, wirkstoffgleiches, zu ersetzen. „Dem Arzt wird damit die Entscheidungshoheit über die Verordnung der Therapie entzogen, wiewohl der Arzt jener ist, der in der gesamten Versorgung den Patienten am besten kennt und daher am besten einzuschätzen vermag, welches Produkt für welche Krankheit bei welchem Patienten am besten geeignet ist“, so Herzog. Außerdem würde sich ein oftmaliger Wechsel eines Arzneimittels negativ auf die Therapie-Adhärenz bei den Patienten auswirken. Hier merkt Andiel an: „Zwar ist die Austauschbarkeit von Generikum und Original hinsichtlich ihrer Wirkung wohl unbestritten, aber es orientieren sich viele Patienten an Form, Größe und Farbe ihrer Medikamente. Vor allem bei Patienten, die viele Arzneimittel einnehmen müssen, kann es dann bei ständig wechselnden Präparaten zu Verunsicherung und kommen, die dazu führt, dass sie ihre Medikamente nicht oder falsch einnehmen.“

Thematisiert werden die Wirkstoffverschreibung und Aut-Idem-Regelung seit längerem mit dem Argument, Einsparungen im Arzneimittelsektor zu erzielen und etwaige Lieferprobleme bei Arzneimitteln hintanzuhalten. Gerade bei der Preisgestaltung wird hierbei oft auf andere EU-Länder verwiesen, in denen derartige Regelungen bereits existieren. Dagegen sieht Andiel hier aber weder bei der Preisgestaltung noch bezüglich der Lieferprobleme einen Vorteil: „Natürlich fällt auf, dass Österreich noch keine derartige Regelung hat. Das hat aber gute Gründe, weil wir in Österreich ohnehin schon aufgrund gesetzlicher Vorgaben ein sehr niedriges Preisniveau haben. 45 Prozent aller im Erstattungskodex gelisteten Arzneimittel sind günstiger als die Rezeptgebühr. Die zahlen sich die Patienten damit selbst. Mit der Wirkstoffverschreibung wird zwangsläufig weiter an der Preisspirale gedreht, bis manche Präparate einfach nicht mehr vermarktet werden können. Es sind ja gerade die ökonomischen Rahmenbedingungen, die die Produktionsabwanderung aus Europa beschleunigen und damit die wesentliche Ursache für Lieferengpässe darstellen.“ Mit einer derartigen Regelung würde sich, so Andiel, die Katze folglich in den Schwanz beißen.

Möchte man tatsächlich den Umgang mit zukünftigen Lieferverzögerungen verbessern, so sehen sowohl PHARMIG als auch OeGV die beste Lösung darin, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln direkt im Rahmen der Rezeptausstellung sichtbar zu machen: „Wenn der Arzt unbürokratisch, schnell und ohne viel Aufwand in seinem Computer nachschauen kann, ob das Medikament, das er für seinen Patienten verordnen möchte, auch tatsächlich lieferbar ist, wäre das der einfachste Weg. Dann wären Apotheker nicht gezwungen, Arzneimittel im Falle von Lieferproblemen wo anders bestellen zu müssen und Patienten müssten auch nicht zur Neuausstellung eines Rezeptes zurück in die Arzt-Ordination geschickt werden“, erkläutert Herzog. Man müsse hier auch nicht bei Null beginnen, so Herzog, denn schließlich sei die Basis für diese Information schon mit 1. April dieses Jahres geschaffen worden, nämlich mit dem neuen Melderegister für Vertriebseinschränkungen.

Rückfragehinweise:
PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
Head of Communication & PR
Peter Richter, BA MA MBA
Tel. 01/40 60 290-20
peter.richter@pharmig.at
pharmig.at

OeGV – Österreichischer Generikaverband
Ute Stocker
ute.stocker@gaisberg.eu
Tel: +43664 88 44 64 26
generikaverband.at

Über die PHARMIG: Die PHARMIG ist die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Pharmaindustrie. Derzeit hat der Verband 120 Mitglieder (Stand Juli 2020), die den Medikamenten-Markt zu gut 95 Prozent abdecken. Die PHARMIG und ihre Mitgliedsfirmen stehen für eine bestmögliche Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln im Gesundheitswesen und sichern durch Qualität und Innovation den gesellschaftlichen und medizinischen Fortschritt.

Über den OeGV: Der Österreichische Generikaverband ist ein Zusammenschluss von 10 Generika-Produzenten, die sich zur optimalen Versorgung der österreichischen Patientinnen und Patienten mit hochwertigen, preiswerten Arzneimitteln bekennen. Das Ziel des Verbands ist einerseits, die Öffentlichkeit über die Vorteile von Generika zu informieren und andererseits aktuelle gesundheitspolitische Debatten mitzugestalten. Für ein leistbares Gesundheitssystem und die Sicherung eines breiten Patientenzugangs zu hochwertigen Arzneimitteln.

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