Während weltweit die Anzahl klinischer Prüfungen um 38% steigt, hat sich der Anteil klinischer Prüfungen, die zwecks Entwicklung neuer Medikamente im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) durchgeführt werden, halbiert.
Wien, 22. Oktober 2024 – Gemäß dem heute veröffentlichten Bericht „Assessing the clinical trial ecosystem in Europe“ ist die Anzahl der klinischen Forschungsprojekte im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zwischen 2013 und 2023 von 22% auf 12% gesunken. Das bedeutet, dass heute um 60.000 Patient:innen weniger Zugang zu einer Medikamentenentwicklungsstudie in einem EWR-Land haben. Der Bericht, der von IQVIA im Auftrag des europäischen Pharmaverbandes EFPIA und von Vaccines Europe durchgeführt wurde, zeigt deutlich, dass der EWR in den letzten zehn Jahren an Attraktivität als Forschungsstandort verloren und damit auch an Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt hat, zum Vorteil etwa der USA und China. Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG, kommentiert die Veröffentlichung dieses Berichts wie folgt: „Klinische Forschung ist ein ganz zentraler Bestandteil der Arzneimittelentwicklung. Wenn immer weniger davon in Europa passiert, können immer weniger Patientinnen und Patienten davon profitieren. Ebenso besteht die Gefahr, dass therapeutische Innovationen nur mit zeitlicher Verzögerung den Weg zu den europäischen Patientinnen und Patienten finden. Denn dort, wo Forschung passiert, sind die Produkte in der Regel auch als erstes verfügbar.“
Klinische Forschungsprojekte generieren wertvolles Know-how in der Medizin und beim behandelnden Fachpersonal, ebenso haben Patient:innen in klinischen Prüfungen fünf bis zehn Jahre vor der Markteinführung Zugang zu neuen Medikamenten. Neben diesem frühen Zugang zu oft lebensrettenden Arzneimitteln entlasten klinische Prüfungen auch das Gesundheitssystem, da die Kosten für die Studienmedikation von der pharmazeutischen Industrie getragen werden.
In Zahlen ausgedrückt, leisten klinische Prüfungen folgenden Mehrwert: Allein in Österreich entlasten klinische Prüfungen das heimische Gesundheitssystem um 100 Mio. Euro pro Jahr. Zusätzlich wird eine gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung von 144 Mio. Euro pro Jahr geschaffen. Laut einer Studie des Instituts für Pharmaökonomische Forschung (IPF), die die Wertschöpfung klinischer Prüfungen in den Jahren 2012 bis 2017 analysiert hat, generiert jeder investierte Euro 1,95 Euro für die österreichische Wirtschaft.
Für Europa führt der IQVIA-Bericht den hohen Mehrwert klinischer Prüfungen anhand von Zahlen aus Großbritannien vor Augen, die auf den EWR hochgerechnet wurden: So profitieren die europäischen Gesundheitssysteme jährlich von 1 bis 1,5 Milliarden Euro, die Unternehmen im Rahmen der Durchführung von klinischen Prüfungen als Kostenübernahmen für die Studienteilnehmer:innen leisten.
„Leider aber stagniert trotz dieser positiven Effekte die Anzahl der klinischen Prüfungen, und zwar nicht nur in Österreich, sondern in der gesamten EU“, so Herzog. Um dem entgegenzuwirken, braucht es laut dem Branchenvertreter ein entsprechendes Bekenntnis zur Forschung, konkret etwa eine österreichweite Forschungsstrategie und -förderung. Dazu Herzog: „Um diesen Trend umzukehren, muss auf politischer Ebene viel stärker wahrgenommen werden, was Forschung bewirkt und welche negativen Auswirkungen ihr Rückgang mit sich bringt. Um die Situation in Zukunft zu verbessern, plädieren wir dringend für einen Abbau an Bürokratie, für rasche und konsistente Genehmigungsverfahren und genauso auch für die stärkere Vernetzung der Forschungszentren. Nicht zuletzt brauchen wir dringend Maßnahmen zur Erleichterung der Durchführung von länderübergreifenden klinischen Prüfungen.“
Rückfragehinweis
PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
Head of Communications & PR
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