Pharma- und Kosmetikindustrie klagen gegen EU-Richtlinie zur Einführung einer 4. Klärstufe, weil dabei das Prinzip der Fairness völlig außer Acht gelassen wird.
Wien, 13. März 2025 – „Wenn Umweltschutz, dann richtig und nicht auf Kosten der Patientinnen und Patienten“, so fasst PHARMIG-Generalsekretär Alexander Herzog den Grund zusammen, weshalb die pharmazeutische und die Kosmetikindustrie nun per Gericht gegen die „Kommunale Abwasserrichtlinie“ vorgehen. Diese EU-Richtlinie sieht vor, dass die genannten zwei Industriezweige den Großteil der Kosten dafür übernehmen, dass in allen Ländern der EU eine 4. Klärstufe eingeführt wird. Damit soll in Zukunft die Qualität des kommunalen Abwassers weiter verbessert und dessen negative Auswirkung auf die Umwelt verringert werden.
Die dafür veranschlagten Kosten reichen je nach Berechnungsmethode von über einer Milliarde Euro bis zu über zehn Milliarden Euro pro Jahr für die gesamte EU. Dazu Herzog: „Welche Kosten im Detail auf die einzelnen Unternehmen zukommen, ist noch nicht klar. Was aber klar ist, ist die Tatsache, dass es hohe Summen sein werden und dass es die gesamte Branche treffen wird, egal ob ein Unternehmen ein innovatives oder bewährtes Produkt im Portfolio hat.“
Die Belastung wird aber speziell bei jenen Unternehmen stark spürbar werden, die im Generikasektor tätig sind. Denn dort herrscht, nicht nur aber vor allem auch in Österreich, generell ein immenser Preisdruck. „Wenn die Unternehmen dann auch noch mit derartigen Verbindlichkeiten konfrontiert werden, wie es nun vorgesehen ist, dann werden uns am Ende des Tages viele Medikamente fehlen. Weil sie entweder ganz vom Markt verschwinden oder weil die Unternehmen noch enger kalkulieren und einsparen müssen“, ist Herzog überzeugt. „Das heißt im Klartext: vermeintlicher Umweltschutz auf Kosten der Patientinnen und Patienten“, so der Verbandsvertreter.
Geklagt wird im Konkreten gegen Artikel 9 der Kommunalen Abwasserrichtlinie („Urban Wastewater Treatmend Directive“), in dem es um die sogenannte „erweiterte Herstellerverantwortung“ (Extended Producer Responsibility) geht. Klagende Parteien sind der europäische Pharma-Dachverband EFPIA, eine Gruppe pharmazeutischer Unternehmen sowie der europäische Dachverband der Kosmetikahersteller (Cosmetics Europe).
Die Genannten erhoffen sich eine Überarbeitung der Richtlinie. Dazu sagt Herzog: „Wir kritisieren keineswegs die Maßnahmen zur Verbesserung der Abwasserqualität, sondern wir kritisieren deren Ausgestaltung. Was wir verlangen, ist Fairness. Denn klar ist, dass das Abwasser nicht nur durch Medikamente und Kosmetika verunreinigt wird, sondern genauso durch etliche andere Substanzen und Chemikalien. Daher unterstützen wir inhaltlich die Klage gegen die EU-Richtlinie.“
Für die Kläger:innen steht außer Zweifel, dass die Studien der EU-Kommission zu den Verursachern der Abwasserverschmutzung schlichtweg falsch und unvollständig sind. Ebenso zeigen Berechnungen, wie etwa jene der europäischen Vereinigung der nationalen Verbände in der Wasserver- und Abwasserentsorgung (EurEau) oder auch die des Deutschen Umweltbundesamtes, dass die Kosten zur Errichtung und zum Betrieb der 4. Reinigungsstufe weit höher sein werden als jene, die die EU-Kommission dazu veröffentlicht hatte.
Rückfragehinweis
PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
Head of Communications & PR
Peter Richter, BA MA MBA
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