Umfrage innerhalb der Industrie zur Zukunft des Pharmastandorts zeigt Verbesserungspotenzial bei Rahmenbedingungen in Österreich auf.
Wien, 23. Jänner 2023 – Multiple Krisen setzen den Unternehmen der pharmazeutischen Industrie in Österreich zu: Ukrainekrieg, Energiekrise, gestiegene Kosten durch die Inflation und gleichzeitig ein hoher Druck auf die Arzneimittelpreise. Die Auswirkungen dessen werden etwa bei den aktuellen Schwierigkeiten in der Arzneimittelversorgung sichtbar. Die Peter Hajek Public Opinion Strategies GmbH hat im Auftrag der PHARMIG, des Verbandes der pharmazeutischen Industrie Österreichs, den PHARMA Branchenbarometer erstellt und dazu unter den Verbandsmitgliedern erhoben, wie sie die zukünftige Entwicklung des Pharmastandorts Österreich einschätzen.
„Der Trend der Umfrage zeigt, dass die Rahmenbedingen in Österreich eher durchschnittlich eingeschätzt werden. Einen Veränderungsbedarf und damit ein klares Verbesserungspotenzial am Standort sehen die befragten Geschäftsführenden insbesondere in den Bereichen Preisgestaltung, Erstattung sowie Förderung und Finanzierung von innovativen Arzneimitteln“, geht Dr. Peter Hajek im Zuge des heutigen Pressegesprächs der PHARMIG auf die Ergebnisse der Umfrage ein. Während dem wirtschaftlichen Umfeld generell ein positiver Befund ausgestellt wird, werden die mangelhafte Einbindung in die Gesundheitspolitik sowie die fehlende Inflationsanpassung bei Arzneimittelpreisen kritisch gesehen.
„Der PHARMA Branchenbarometer führt uns vor Augen, wie wesentlich eine Anhebung oder zumindest Angleichung der Arzneimittelpreise an die Inflation gesehen wird, um die Breite des Arzneimittelschatzes für Patientinnen und Patienten in Österreich sicher zu stellen. Eine derartige Anpassungsmöglichkeit ist für Arzneimittel in Österreich aber leider nicht vorgesehen, wodurch der reale Preis einer Arzneimittelpackung weiterhin jedes Jahr sinkt“, erklärt Dr. Bernhard Wittmann, Geschäftsführer von Sigmapharm/Mono und Vizepräsident der PHARMIG. Das niedrige Preisniveau in Österreich sowie der hohe Preisdruck wirke sich auch auf die Wirtschaftlichkeit einer Produktion am Standort aus.
Viele Unternehmen haben daher in der Vergangenheit ihre Produktionen nach Asien ausgelagert. „Was Unternehmen in Österreich fehlt, ist eine langfristige Perspektive, um für die Zukunft planen und die Arzneimittelvielfalt erhalten zu können. Es geht dabei weniger um Förderungen, von denen es ausreichend gibt, sondern vielmehr um eine generelle, integrative Standortstrategie auf politischer Ebene, mit der positive Signale für die Wirtschaft und insbesondere für unsere Branche gesetzt werden“, so Wittmann.
Mehr Produktion in Europa und damit auch mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung kann laut Ina Herzer, Geschäftsführerin von Merck Sharp & Dohme in Österreich und Vizepräsidentin der PHARMIG, nur gelingen, wenn es nicht nur bei bewährten Medikamenten, sondern auch bei den innovativen Arzneimitteln fördernde Maßnahmen gibt. „Es muss ein Umdenken mit Blick auf den patentgeschützten Bereich, also die innovativen Arzneimittel, stattfinden. Hier dominiert der Blick auf die Kosten, anstatt dass der weitreichende Nutzen im Vordergrund steht. Dieser zeigt sich in vielen Bereichen, ob es beispielsweise kürzere Krankenstände sind, weniger Pflegeaufwand oder vermiedene Krankenhausaufenthalte. Das macht aus innovativen Arzneimitteln Investitionen in ein nachhaltig funktionierendes Gesundheitssystem“, erklärt Herzer und verweist zusätzlich auf die durch medizinische Fortschritte gestiegenen Überlebensraten von Menschen mit HIV, Krebs und Hepatitis.
Während innovative Therapien im Krankenhausbereich oftmals gut ihren Weg zu Patientinnen und Patienten finden, werden sie laut Herzer im niedergelassenen Bereich sehr viel zögerlicher eingesetzt: „Gerade der Einsatz innovativer Medikamente bei Ärztinnen und Ärzten im niedergelassenen Bereich könnte dazu beitragen, den kostenintensiven Krankenhausbereich zu entlasten. Dieses Potenzial wird noch unzureichend ausgeschöpft.“
Auch Mag. Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG, zieht aus dem PHARMA Branchenbarometer die entsprechenden Schlüsse für den Pharmastandort: „Die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie können ihrer Verantwortung am Standort nur dann langfristig und dauerhaft nachkommen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir sehen aber, dass es, je nach Portfolio, für manche Unternehmen eng wird. Das betrifft sowohl jene, die im Generikabereich tätig sind, wie auch jene, die Forschung betreiben und Innovationen bereitstellen. Sie alle haben damit zu kämpfen, dass der Nutzen ihrer Produkte zu wenig oder gar nicht anerkannt wird. Folglich sind sowohl die Versorgung mit Arzneimitteln in ihrer Breite als auch die Innovationsführerschaft in der österreichischen Wissenschaft negativ betroffen.“ Denn das markante Maß an Wissenschaftsskepsis in Österreich sei ein Alarmsignal und schade laut Herzog dem Klima für Innovationen zusätzlich.
Abschließend zieht Herzog Bilanz: „Der dargestellte Befund zeigt, dass die Geschäftsführenden der pharmazeutischen Industrie in Österreich eher vorsichtig in die Zukunft des Standorts blicken. Das ist unter Berücksichtigung der vorherrschenden Krisen wenig verwunderlich. Ich rate davon ab, Arzneimittel, egal ob bewährte oder innovative, nur als Kostenfaktor zu betrachten, sondern sie vor allem als Lösung essenzieller Probleme zu sehen. Anstatt immer nur Einsparungspotenziale im Gesundheitssektor zu verfolgen, könnte der gesamte Sektor als Chance für zukunftsgerichtete Investitionen gesehen werden. Diese Perspektive ist entscheidend für eine nachhaltige Entwicklung. Denn je attraktiver die Rahmenbedingungen in Österreich für Unternehmen gestaltet sind, desto mehr profitieren Produktion, Forschung, Wirtschaft, Gesundheit und nicht zuletzt wir selbst als Patientinnen und Patienten wie auch als Arbeitnehmer.“
Bilder des Pressegesprächs sind in der APA-Fotogalerie abrufbar.
Rückfragehinweis:
PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
Head of Communications & PR
Peter Richter, BA MA MBA
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peter.richter@pharmig.at
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