Standardisierte Datenaufbereitung, patientenorientierter Outcome und transparente Prozesse ermöglichen dem Gesundheitsbereich, von Effekten der Datennutzung zu profitieren.
Wien, 29. Juni 2022 – Datenökosysteme wachsen und werden immer komplexer. Inwieweit ihre positiven Effekte für Gesundheitswesen, Forschung und Gesundheitspolitik in Österreich und Europa genutzt werden können, hängt von der zukünftigen Datenstrategie ab.
„Daten können uns zeigen, wie sich Krankheiten in bestimmten Bevölkerungsgruppen ausbreiten, dazu beitragen, bestehende Therapien zu verbessern oder helfen, Innovationen zu entwickeln. Dieses Potenzial darf nicht ungenutzt bleiben“, erklärte Prof. Dr. Robin Rumler, Präsident der PHARMIG ACADEMY Anfang Juni im Rahmen des 9. Health Care Symposiums. Europa arbeitet derzeit am European Health Data Space, der eine grenzüberschreitende Datennutzung ermöglichen soll. „Umso wichtiger ist es, jetzt am Beginn dieser Entwicklung zu erkennen, welche Voraussetzungen dafür auf nationaler Ebene in Österreich gegeben sein müssen und welche Strategie den Weg ebnet, um Daten im Sinne unseres Gesundheitssystems nutzen zu können“, betonte weiters Dr. Shirley Gil Parrado, Vizepräsidentin der PHARMIG ACADEMY.
Einen ersten Schritt soll das im Juli 2022 in Betrieb gehende Austrian Micro Data Center (AMDC) setzen, das einen datenschutzkonformen Zugang zu Mikrodaten für Forschungseinrichtungen ermöglichen soll. Damit werde laut Prof. Dr. Tobias Thomas von der Statistik Austria zwar ein neues Zeitalter eingeläutet, Verbesserungsbedarf bei der Datennutzung bestehe aber weiterhin. „Wir können es uns nicht leisten, Daten nicht besser zu nutzen. Dazu brauchen wir eine Verbesserung der Funktionalität des Datenökosystems, vor allem was die Daten öffentlicher Stellen angeht. Eine nationale Datenstrategie der Zukunft sollte aufzeigen, wie wir Datenschutz und Datennutzung in Einklang bringen und dabei gleichzeitig europäische Initiativen und Vorgaben berücksichtigen können“, so Thomas. Dafür sei es auch entscheidend, die Erfahrungen anderer Länder im Datenbereich miteinzubeziehen.
Finnland gilt schon lange als Vorreiter auf dem Gebiet der Digitalisierung von Daten. Die strukturierte Nutzung wird dort über eine eigene Behörde namens „Finnish Social and Health Data Permit Authority“ – Findata überwacht. Hindernisse herrschen in erster Linie in der Datenaufbereitung. „Schwieriger als Daten in digitalisierter Form zu erhalten, ist es, diese in ein geeignetes Format zu bringen, um sie auch auswerten und nutzen zu können“, erklärte Johanna Seppänen, PhD, MS, Direktorin von Findata. Hier wies die Behördenvertreterin darauf hin, dass in Zukunft noch Klärungsbedarf bestehe, wer die Kosten für diesen Umwandlungsvorgang hin zu sogenannten interoperablen Daten tragen werde. Um die Qualität der Datenaufbereitung zu vereinheitlichen, empfiehlt Seppänen die Förderung von Datenverknüpfungen und Kooperationen zwischen Institutionen in der Datenstrategie einzubetten.
Bei der Datenvernetzung ortete auch Dr. Alexander Degelsegger-Márquez von der Stabstelle „Digitale Gesundheit und Innovation“ der Gesundheit Österreich GmbH Barrieren: „In Österreich gibt es im Bereich der Gesundheitsdaten eine äußerst fragmentierte Institutionenlandschaft. Die Transparenz, die Verlinkungsmöglichkeiten und die Information, wann welche Daten miteinander verknüpft werden dürfen, sind verbesserungsbedürftig. Das wird die Implementierung des European Health Data Space in Österreich vor Herausforderungen stellen. Je transparenter Datenprozesse ablaufen, desto besser.“ Abhilfe könne laut Degelsegger-Márquez die Einrichtung von zentralen Schnittstellen schaffen, die einerseits über den Datenschatz der Republik informieren und gleichzeitig den regelkonformen Datenzugang überwachen.
Im Kampf gegen Krankheiten stehen vor allem Gesundheitsdaten im Fokus. „Idealerweise werden Betroffene sowie ihre Vertretungsorganisationen in die Datenstrategie miteinbezogen“, sagte Univ.-Prof. Mag. Dr. Tanja Stamm, PhD, MSc, MBA, Head of Section für Outcomes Research an der Medizinische Universität Wien, und plädierte dafür, die Datenschutz-Bedenken der Bevölkerung ernst zu nehmen: „Wir müssen gezielt aufklären. Wenn Betroffene aber mitentscheiden können, was bei einer spezifischen Erkrankung als Daten-Outcome mit gemessen werden soll, wäre das ganz im Sinne einer wertorientierten Gesundheitsversorgung. Denn viele Kritiker lassen außer Acht, dass das Nicht-Nutzen von Daten auch bedeutet, dass Patientinnen und Patienten ein Fortschritt in der Therapie vorenthalten wird.“
Das Health Care Symposium der PHARMIG ACADEMY, moderiert von Mag. Nadja Bernhard, fand virtuell Anfang Juni mit knapp 120 Teilnehmenden statt.
Rückfragehinweis
PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs
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