Rezeptpflichtige Arzneimittel werden in den Apotheken gegen Vorlage eines vom Arzt ausgestellten Rezeptes abgegeben. Die Zulassungsbehörde bestimmt auf Basis des Rezeptpflichtgesetzes, ob ein Arzneimittel rezeptpflichtig ist. Rund 69 % aller in Österreich zugelassenen Medikamente sind rezeptpflichtig.
Rund um das Arzneimittel
Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, deren Wirkung dazu dient, Krankheiten oder Beschwerden zu heilen, zu lindern, vorzubeugen oder zu erkennen.
Die Definition von Arzneimitteln ist im Arzneimittelgesetz (AMG) geregelt: Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, deren Wirkung dazu dient, Krankheiten oder Beschwerden zu heilen, zu lindern, vorzubeugen oder zu erkennen. Dazu zählen auch Diagnosemittel, medizinische Flüssigkeiten und Lösungen (Infusionen), homöopathische Arzneimittel oder Arzneien, die in Apotheken zubereitet werden (magistrale Zubereitungen).
Medikamente bezeichnet das Arzneimittelgesetz als Arzneispezialitäten. Sie müssen in gleicher Zusammensetzung im Voraus hergestellt und in einer bestimmten Form unter der gleichen Bezeichnung in den Handel gebracht werden.
Als Hilfsstoffe werden alle Bestandteile eines Arzneimittels mit Ausnahme des Wirkstoffs (wirksamer Bestandteil) und des Verpackungsmaterials bezeichnet. Die Hilfsstoffe verleihen dem Arzneimittel z.B. seine Stabilität oder seinen Geschmack.
Am häufigsten werden Arzneimittel in fester oder flüssiger Form durch den Mund eingenommen. Derzeit gibt es in Österreich 9.223 zugelassene Human-Arzneimittel (Stand: 2023).
Arten von Arzneimitteln
Hier finden Sie eine Auflistung und Kurzbeschreibung verschiedener Arzneimittelarten.
Rezeptpflichtige Arzneimittel
Rezeptfreie Arzneimittel
Rezeptfreie Arzneimittel werden in den Apotheken ohne Vorlage eines Rezeptes an den Patienten abgegeben. 2022 waren rund 31 % der in Österreich zugelassenen Humanarzneimittel (ohne Homöopathika) rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.
Innovative Arzneimittel
Die Entwicklung von innovativen Medikamenten ist mit hohen Forschungsausgaben der pharmazeutischen Unternehmen verbunden. Es vergehen durchschnittlich 12 Jahre bis ein neues Arzneimittel auf den Markt kommt. Der Patentschutz ermöglicht die Innovationsleistung und somit den medizinischen Fortschritt.
Durch die pharmazeutische Forschung können immer mehr Krankheiten behandelt werden. Das Ergebnis dieser Forschung sind neben neuen Präparaten auch weiterentwickelte, bekannte Arzneimittel, die die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern, wie z.B. die Einnahme von Tabletten statt einer Spritze. Innovative Arzneimittel ermöglichen den Markteintritt für Generika nach Patentablauf.
Generika
Generika sind "Kopien" von Originalpräparaten, die nach Ablauf des Patentes am Markt angeboten werden. Der Zugriff der Generikahersteller auf die Patentunterlagen der Originalhersteller ermöglicht die Herstellung von Medikamenten ohne großen Forschungsaufwand. Das Generikum muss die gleiche qualitative und quantitative Zusammensetzung aus Wirkstoffen und die gleiche Darreichungsform aufweisen wie das Originalprodukt.
Biologika
Biologika sind Eiweißsubstanzen (Proteine), die mit aufwändigen gentechnischen Verfahren aus lebenden Zellen von Tier oder Mensch produziert werden. Sie können die Aktivität von im Körper natürlich vorkommenden Substanzen gezielt fördern oder blockieren und so das Krankheitsgeschehen verlangsamen oder sogar stoppen.
Biosimilars
Biosimilars sind biologische Arzneimittel, die nach Ablauf der Patentzeit eines Originalwirkstoffes zugelassen werden. Die Wirkstoffe sind jedoch nicht völlig identisch zum Originalwirkstoff und deshalb keine Generika. Im Vergleich zu Generika erfordern Biosimilars weiteren Forschungs- und Zulassungsaufwand sowie speziellere Überwachungsmaßnahmen.
Homöopathika
Homöopathische Arzneimittel werden nach dem Grundsatz Simila Similibus Curentur – "Gleiches mit Gleichem behandeln" eingesetzt. In der Praxis beobachtet der Arzt genau die Symptome des Patienten und sucht daraufhin exakt jenes Heilmittel, das die gleichen Symptome bei Gesunden hervorruft.
Homöopathika aus dem Pflanzen-, Mineral- und Tierreich verändern ihr Wirkpotenzial durch verschiedene Vorgänge wie z.B. Verdünnung mit anschließendem Schütteln oder Reiben.
Meilensteine der Arzneimittelentwicklung
Arzneimittelentwicklung im Verlauf der Jahre
2023
Erstes Advanced therapy medicinal product (ATMP) zur Behandlung
von zwei seltenen Blutkrankheiten, bei dem die Gen-Editing-Technologie
(CRISPR/Cas9) eingesetzt wird
2022
Erstes Medikament gegen stark beschleunigte Alterung durch Hutchinson-Gilford-Progeriesyndrom oder progeroide Laminopathie
Erste Gentherapie für Menschen mit Hämophilie A
Erstes Medikament gegen bestimmte genetisch bedingte Formen von Adipositas
Erstes orales und Varianten-unabhängig einsetzbares Virostatikum gegen SARS-CoV-2
2021
Erste antivirale Antikörper gegen COVID19; mit unter zwei Jahren Entwicklungszeit die schnellst entwickelten therapeutischen Medikamente mit neuen Wirkstoffen seit Einführung der Arzneimittelzulassung.
Erste selektiv immundämpfende Medikamente gegen Atopische Dermatitis (= Neurodermitis)
2020
Erste Impfstoffe gegen COVID-19, zugleich mit unter einem Jahr Entwicklungszeit die schnellstentwickelten Impfstoffe aller Zeiten
Kausal wirksames Medikament gegen Mukoviszidose, das potenziell bei rund 60 % der Patient:innen (statt nur einem kleinen Prozentsatz) einsetzbar ist
Erstes Medikament gegen die Viruskrankheit Hepatitis D
2019
Erster Impfstoff gegen Ebola
Erstes Krebsmedikament, dessen Anwendung nicht auf bestimmte Tumore beschränkt, sondern vom Vorliegen einer bestimmten Genmutation abhängig ist (sogenanntes "tumoragnostisches Krebsmedikament")
2018
Neues Virostatikum verhütet Erkrankung mit Cytomegalievirus (CMV) nach einer Stammzelltransplantation
Medikament mit neuartiger Wirkung für Hämophilie-A-Patienten, die Hemmkörper gegen Faktor VIII-Medikamente entwickelt haben (ein Antikörper)
2017
Erstes Medikament gegen primär progressive Multiple Sklerose
Erste Krebstherapien mit gentechnisch veränderten T-Zellen (CAR-T-Zellen)
Impfstoff gegen Gürtelrose mit sehr hoher Schutzwirkung
2016
Erstes Medikament gegen spinale Muskelatrophie (SMA)
2015
Medikamente, sogenannte PCSK-9-Hemmer, senken den Cholesterinwert auch bei Patienten mit extrem überhöhtem Choleseterinspiegel erheblich
Medikament verringert die Sterblichkeit von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz
2013/14
Heilungschance über 90 % bei Hepatitis C durch neuartige Virostatika kombiniert mit weiteren Medikamenten
Medikamente heilen multiresistente Tuberkulose mit drei Wirkprinzipien
2013
Erster Impfstoff gegen Hirnhautentzündung durch B-Meningokokken
2012
Erste Gentherapie mit Zulassung in Industrienationen zur Linderung von Bauchspeicheldrüsen-Entzündung bei Patienten mit der angeborenen Fettstoffwechsel-Krankheit LPLD
20011/12
Lebensverlängerung bei metastasiertem Schwarzem Hautkrebs (Melanom) mit Medikamenten mit neuen Wirkprinzipien
2011
Hohe Heilungschance bei schwer therapierbarer Hepatitis C (Viren-Subtyp-1) durch neuartige Virostatika (kombiniert mit PEG-Alfa-Interferon und einem älteren Virostatikum)
2009
Erster trifunktionaler Antikörper; zur Behandlung der Bauchwassersucht bei EpCAM positiven Tumoren
2007
Medikamente mit zwei neuen Wirkprinzipien gegen HIV-Infektionen
Erstes Medikament gegen Leberkrebs
2006
Erstes Medikament zur Behandlung der seltenen Erbkrankheit Morbus Pompe
2005
Erstes Medikament, das Tumoren die Blutversorgung abschneidet
2004
Erstes Antikörperpräparat gegen Darmkrebs
2001
Erstes gezieltes Medikament gegen Chronisch myeloische Leukämie
2000
Erste Antikörpertherapie gegen Brustkrebsmetastasen
1999
Heilung von Hepatitis C mit Medikamenten-Kombination (ein Alpha-Interferon und ein synthetisches Virostatikum)
1998
Erstes Medikament gegen Erektionsstörungen, das geschluckt werden kann
1996
Erste Dreierkombinationen von Medikamenten, die bei HIV-Infizierten den Ausbruch von AIDS um Jahre verzögern können
1993
Erstes Arzneimittel, das bestimmte Formen der Multiplen Sklerose (MS) verzögert
1987
Erstes Präparat gegen HIV/AIDS
1983
Erstes (Anti-)Hormontherapeutikum gegen das Wiederauftreten von Brustkrebs
1982
Erstes gentechnisch hergestelltes Arzneimittel auf dem deutschen & US-Markt: Humaninsulin
1980
Ausrottung der Pocken durch Schutzimpfung gelungen
1976
Erstes entzündungsdämpfendes Asthma-Medikament (von Cortison abgeleitet)
1963
Erster Impfstoff gegen Masern
1960
Erstes Immunsuppressivum (Azathioprin), ermöglicht Organtransplantationen
Erste „Pille“ zur Empfängnisverhütung
1957/58
Erste Zytostatika gegen Leukämie (Chlorambucil) und Lungenkrebs (Cyclophosphamid)
1956
Erstes Antidepressivum (Iproniazid)
1948
Erster starker Entzündungshemmer: naturidentisches Cortison
1944
Penicillin als Medikament verfügbar
1927
Aktivimpfung gegen Tetanus
1922
Insulin zur Diabetes-Behandlung
1910
Erstes antibakterielles Präparat gegen Syphilis
1899
Acetylsalicylsäure: schmerzstillend, fiebersenkend und entzündungshemmend
1891
Erstes Medikament gegen die für Kinder meist tödliche Atemwegsinfektion Diphtherie: Diphtherie-Antiserum
1848
Chloroform zur Betäubung bei Operationen
Quelle: VFA, Auszug – Meilensteine der Arzneimittelentwicklung
(Alle Angaben beziehen sich auf das Jahr, in dem das Medikament international erstmals auf den Markt kam.)