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Arzneimittelmarkt

Arzneimittelmarkt

Die pharmazeutische Industrie ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. 2023 wurden in Österreich rund 242 Millionen Arzneimittelpackungen in einem Gesamtwert von 6,3 Milliarden Euro verkauft.

Rund ein Drittel des Umsatzes erzielte die Industrie mit Krankenhäusern, zwei Drittel aus dem Verkauf in öffentlichen Apotheken und durch hausapothekenführende Ärzte. Der Umsatz ist im Vergleich zu 2022 insgesamt um 10,1 % gestiegen.

Am Apothekenmarkt betrug das Wachstum 8,2 %. Während die Preise der bereits am Markt befindlichen Medikamente in diesem Sektor im Vergleich zu 2022 fast unverändert blieben, haben andere Faktoren zum Wachstum beigetragen: Den größten Anteil hatten „Struktureffekte“.

Darunter werden etwa veränderte Verschreibungsgewohnheiten oder der Ersatz eines Medikaments durch ein anderes zusammengefasst. Dazu gehört auch eine mengenmäßige Steigerung des Verbrauchs bei bestehenden Therapieformen. Die Nachfrage steigt insbesondere deshalb, weil der Anteil der Älteren in Österreich ständig größer wird: Die Ärzte verschreiben rund 64 % aller Arzneimittel an Patient:innen, die über 60 Jahre alt sind (sie machen nur ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus).

Innovative, neu auf den Markt gebrachte Medikamente trugen 2023 nur zu 0,5 % des Wachstums bei. (Quelle: IQVIA DPMÖ next level)

Versorgungsstruktur

Für Patient:innen in Österreich sind Medikamente durch ein dichtes Netz von etwas mehr als 1.400 Apotheken einfach und praktisch flächendeckend verfügbar. Ein leistungsfähiger Arzneimittelgroßhandel sorgt dafür, dass Medikamente in kürzester Zeit in jeder Apotheke des Landes zur Verfügung stehen.

Arzneimittelversorgungsstruktur | © PHARMIG - Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs 2024

In Österreich ist die Arzneimittelversorgung über die Verteilerkette

  • Pharmaunternehmen
  • Pharmagroßhandel
  • abgabeberechtigte Stelle
  • Patient:innen

abgedeckt. Pharmaunternehmen können der Hersteller selbst oder nationale Vertriebsunternehmen sein. Zu den abgebenden Stellen zählen öffentliche Apotheken, Krankenhausapotheken sowie die ärztlichen Hausapotheken.

Ohne Zulassung kein Medikament

Ein Medikament kann nur dann auf den Markt gebracht werden, wenn es behördlich zugelassen ist. Voraussetzung für eine Zulassung ist, dass das Pharmaunternehmen den wissenschaftlichen Nachweis erbringt, dass das Medikament wirksam ist und dass dieser Nutzen für die Patienten die möglichen Nebenwirkungen übersteigt. Um diesen Nachweis zu erbringen, legen die Unternehmen Daten aus umfangreichen Labor- und vor allem klinischen Untersuchungen vor. Gesetzliche Grundlage für die Zulassung ist in Österreich das Arzneimittelgesetz (AMG).

Zulassungsverfahren

Zentrales Zulassungsverfahren

Seit 1995 gibt es in der EU ein zentrales Zulassungsverfahren. Der Vorteil liegt auf der Hand: in einem einzigen Verfahren erhalten Pharmaunternehmen Zugang zu allen Mitgliedsstaaten der EU. Sie müssen nicht mehr in jedem einzelnen Land Anträge in unterschiedlichen Sprachen und nach unterschiedlichen Anforderungen einreichen.

Dieses Zulassungsverfahren ist verpflichtend für biotechnologische Arzneimittel, Arzneimittel für neuartige Therapien, bestimmte Tierarzneimittel, Arzneimittel für seltene Leiden sowie für Humanarzneimittel mit neuen Wirkstoffen für die therapeutischen Indikationen:

  • Erworbenes Immundefizienz-Syndrom
  • Krebs
  • Neurodegenerative Erkrankungen
  • Diabetes
  • Autoimmunerkrankungen und andere Immunschwächen
  • Viruserkrankungen

Im zentralen Zulassungsverfahren erfolgt die Begutachtung und wissenschaftliche Bewertung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA mit Sitz in Amsterdam. Dabei greift sie im Sinne einer Effizienzsteigerung und Arbeitsteilung auf die Kompetenzen und Ressourcen nationaler Behörden zurück. Die für alle EU-Staaten gültige EU-Zulassung erfolgt durch die Europäische Kommission.

Gesetzliche Grundlage: Verordnung (EG) Nr. 726/2004

Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP) / Dezentralisiertes Verfahren (DCP)

Will ein Unternehmen ein Medikament nicht europaweit, sondern nur in ausgewählten EU-Staaten auf den Markt bringen (und ist das zentrale Verfahren nicht vorgeschrieben), steht ein dritter Weg zur Zulassung offen – das Verfahren der gegenseitigen Anerkennung (MRP) und das dezentralisierte Verfahren (DCP). Im MRP-Verfahren erkennen die anderen ausgewählten Staaten eine bereits existierende nationale Zulassung in einem Mitgliedsstaat an. Im DCP-Verfahren reicht das Unternehmen einen erstmaligen Zulassungsantrag gleichzeitig in mehreren, frei wählbaren, EU-Staaten ein. Jeder Mitgliedsstaat spricht am Ende der Verfahren eine nationale Zulassung aus.

Gesetzliche Grundlage: Richtlinie: 2001/83/EG

Nationales Verfahren

Medikamente können in Europa auch weiterhin – wenn das zentrale Verfahren nicht verpflichtend ist – in einem nationalen Verfahren zugelassen werden. Das ist möglich für Arzneimittel, die nur in einem Land auf den Markt kommen sollen. Die Begutachtung des Zulassungsantrages wird von der Medizinmarktaufsicht AGES durchgeführt, die Erteilung der Zulassung erfolgt durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen.

Gesetzliche Grundlage: Nationales Arzneimittelgesetz des EU-Mitgliedstaats

Was wird im Zulassungsverfahren festgelegt?

  • Verbindlicher Text der "Fachinformation" (für Ärztinnen und Ärzte, Apotheker:innen und andere Fachkreise)
  • Verbindlicher Text der "Gebrauchsinformation" (für Patient:innen und andere Laien)
  • Kennzeichnung (Beschriftung der Außenverpackung)
  • Rezeptpflichtstatus (Angaben, ob das Arzneimittel rezeptpflichtig oder rezeptfrei ist)
  • Distributionsweg (Apothekenpflicht, Kühltransport etc.)

 

Anforderungen bei der Zulassung

Bei innovativen Arzneimitteln oder Originalpräparaten muss der Antragsteller der Behörde ein vollständiges Zulassungsdossier vorlegen (Unterlagen und Studienergebnisse zur Präklinik und Klinik sowie pharmazeutische Daten).

Bei Generika (Nachahmerprodukte, die nach Patentablauf bzw. nach Ablauf des Unterlagenschutzes des Originalpräparates zugelassen werden) muss der Antragsteller nur einen Teil der pharmazeutischen Daten vorlegen: Generische Antragsteller sind also von einem Großteil der Erfordernisse, die ein Originalpräparat bei der Zulassung erfüllen muss, befreit. Stattdessen kann der Antragsteller eines Generikums auf die vorliegenden Daten des Originalpräparates zurückgreifen. Man spricht daher von einer "bezugnehmenden Zulassung". Diese Befreiung bewirkt eine deutlich kürzere Zulassungszeit.

Ist ein Arzneimittel nach AMG zugelassen, wird es als Arzneispezialität bezeichnet.

Regulatorische Besonderheiten - Conditional approval (Bedingte Zulassung)

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) unterstützt die Entwicklung von Arzneimitteln, die unerfüllten medizinischen Bedürfnissen gerecht werden. Im Interesse der öffentlichen Gesundheit kann den Antragstellern eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen solcher Arzneimittel erteilt werden. Dafür sind weniger umfassende klinische Daten als normalerweise erforderlich.

Eine bedingte Genehmigung wird erteilt, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:

  • das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels ist positiv;
  • es wahrscheinlich ist, dass der Antragsteller in der Lage sein wird, umfassende Daten nach der Genehmigung vorzulegen;
  • das Arzneimittel einen unerfüllten medizinischen Bedarf erfüllt;
  • der Nutzen der unmittelbaren Verfügbarkeit des Arzneimittels für die Patient:innen größer ist als das Risiko, dass noch zusätzliche Daten benötigt werden.

Bedingte Genehmigungen für das Inverkehrbringen sind ein Jahr gültig und können jährlich verlängert werden. Sobald eine bedingte Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde, muss der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen innerhalb festgelegter Fristen bestimmte Verpflichtungen erfüllen, wie den Abschluss laufender oder neuer Studien oder das Sammeln zusätzlicher Daten, um zu bestätigen, dass das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels weiterhin positiv ist. Im Bewertungsbericht (Assessment Report) der EMA werden die Bedingungen veröffentlicht.

Die bedingte Genehmigung kann in eine Standardgenehmigung umgewandelt werden, sobald die auferlegten Verpflichtungen erfüllt sind und die vollständigen Daten bestätigen, dass der Nutzen des Arzneimittels weiterhin die Risiken überwiegt.

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